„Nächstes Jahr, gleiche Zeit“ – mit diesem Satz habe ich meinen Bericht vor genau einem Jahr beendet, nachdem wir im September mit unserem Damenteam ein wenig in die Welt des Triathlons hineingeschnuppert hatten. Es war eine Art Blind Date: schnelle Entscheidung, großartiges Team. Der Plan, dieses Jahr die volle Distanz zu starten, wurde im Sommer um ein Jahr verschoben. Doch dann kam vor einem Monat die spontane Eingebung: „Es kommt, wie es kommt!“ – und ich habe meine Anmeldung für den Balatonman abgeschickt. Mitteldistanz: 1,9 km Schwimmen, 74 km Radfahren (mit über 600 Höhenmetern), 21,1 km Laufen. Alleine.
Die Vorbereitung … nun ja, mit zwei Kindern und Sommerferien … lief, sagen wir mal, „begleitend“ ab.
Der große Tag
Nach einer ziemlich harten Nacht (starker Wind, die Sorge, dass das Rennen vielleicht gar nicht stattfindet, Kinder, die fast die ganze Nacht wach waren, Stromausfall in der Straße ab dem Morgengrauen) schaute ich ab sechs Uhr früh mit den Ironman-Teilnehmern neugierig auf die Nachrichten und fragte mich, wann es losgeht – und ob überhaupt. Schließlich verzögerte sich das Programm um drei Stunden, die Ironman-Distanz wurde in ein Duathlon verwandelt, auf der Mitteldistanz blieb das Schwimmen jedoch bestehen.
Balaton – meine Riviera
Ich versuchte, so spät wie möglich ins Wasser zu gehen, um nicht völlig auszukühlen, fragte schnell noch einen erfahren aussehenden Schwimmer nach der Richtung und den Runden, und dann begann das Gerangel unter Wasser. Darauf war ich seelisch nicht wirklich vorbereitet, aber ich habe mich schnell angepasst.
Irgendwann wusste ich nicht mehr, ob die Wellen von rechts, links oder von hinten über meinen Kopf hinwegrollten – und es war mir egal. Ich ließ mich in dieses alte, vertraute Gefühl fallen: auf dem Wasser liegen, die Sonne scheint und ich schwimme in Richtung Hafen, genau entlang jener Linie, die ich als Kind schon so oft geschwommen bin. Damals begleitete mich mein Vater im Boot, einfach aus Neugier, wie weit ich wohl schwimmen wollte. (Wer hat bloß behauptet, man kann bei einem Triathlon nicht auf dem Rücken schwimmen?!)
Beim dritten Rundkurs frischte der Wind auf, die Wellen kamen aus beiden Richtungen. Alle schimpften beim Ausstieg aus dem Wasser über den Sturm. Freiwasserschwimmen. Balaton. So ist das eben. Ich mag es.
Als ich sah, dass ich die Cut-Off-Zeit locker geschafft hatte, war ich so glücklich, dass ich völlig vergaß: Das ist ein Wettkampf – und man sollte sich eigentlich beeilen beim Wechsel.
Das Rad – ein alter/neuer Freund
Dann schwang ich mich aufs Rad, wir fuhren aus Fűzfő hinaus, die Bundesstraße gehörte uns – und dieses besondere Gefühl kam: Etwas Aufregendes passiert hier mit mir. Darauf habe ich mich so gut wie es ging vorbereitet, ich bin allein und meine einzige Aufgabe ist es, diese Minuten zu erleben.
Die Orte meiner Kindheit, jede Kurve, die Bäume, die Gerüche – unzählige Erinnerungen. Da bin ich groß geworden. Und heute: der Wind (teilweise 50-60 km/h💃🏼), die Geschwindigkeit (ok, der Wind war schneller…), die Hügel, die Freiheit und die Dankbarkeit. Dankbar all jenen, die es möglich gemacht haben, dass ich hier bin, die mich motiviert haben – und auch meinem Körper, dass er dabei mein Partner ist.
Der Lauf – ein vertrautes Terrain
Nach fünf Kilometern, am Ende der ersten Runde, konnte ich mir kaum vorstellen, dass noch drei weitere folgen sollten. Mein Magen begann zu rebellieren, ich wusste, mein Puls war beim Radfahren zu hoch gewesen. Aber es war einfach zu schön, um langsamer zu machen.
Musik oder Hörbuch war verboten, also blieb nur ich selbst. Nach und nach kamen die Jungs von der Langdistanz dazu, die gerade mit dem Radfahren fertig waren – und bei jeder Laufrunde warteten mindestens vier High Fives.
Kein Licht am Rad und das Wissen: Gegen acht Uhr abends sollten eigentlich die Kinder ins Bett gebracht werden – also musste ich laufen.
Mein Körper und mein Kopf kannten diesen Weg bereits. Ein Halbmarathon – das geht immer. 15 km, 10 km, jeder Schritt, jeder Atemzug war vertraut. Fast genau sechs Stunden nach dem Moment, in dem ich im welligen Balaton nach der richtigen Boje Ausschau hielt, lief ich glücklich ins Ziel am Strand von Fűzfő – und hakte damit Punkt 9 meiner vor zehn Jahren geschriebenen Bucket List ab.
Dankbarkeit
Danke für die Tipps und die Vorbereitung an Hannes, Gergő, Klári, Áron und Chris, fürs gemeinsame Laufen an Evelyn, Anne, Gina und Katja, für die Kinderbetreuung an Kamilla & Co. und meine Mutter, für die körperliche und seelische Unterstützung während drs ganzen Jahres an Ági, Gabi und Karin. Und für das Anfeuern ganz besonders an Ágota(s), Ancsi, Zita, Orsi, Judith(s) und Gábor.
Triathlon. Rückenschwimmen, mit Oma-Täschchen am Rad Kekse und Salzstangen mampfend und am Ende mit Mamas Quittenkäse in der Hand laufend. Nächstes Jahr, gleiche Zeit?